Wissen Sie, wer am ehesten in die Armutsfalle gerät?

Stämpfli Kommunikation
Stämpfli Kommunikation
3 min readNov 8, 2018

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Gastblog von Edith Loosli-Bussard, Schweizer Tafel

Armut in der reichen Schweiz? «Gibts doch nicht», denken viele. So dachte ich lange Zeit auch. Bis ich letzten Frühling für die Kommunikationsstelle bei der Schweizer Tafel zusagte und mich in das Thema «Armut in der Schweiz» einarbeitete.

Wissen Sie, wer in der Schweiz am ehesten in die Armutsfalle gerät? Es sind alleinerziehende Elternteile. «Echt?», staunen dann viele. Scheidung, teure Wohnung, Teilzeitarbeit — in der reichen Schweiz kann angesichts der hohen Lebenskosten die Armutsfalle rasch zuschnappen. Kommen zwei Probleme zusammen wie zum Beispiel psychische Probleme aufgrund der Scheidung, gehts schneller, als man denkt. 7,5 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung ist von Armut betroffen. Jeder Siebte ist von Armut bedroht (14,7 Prozent). Gemäss Bundesamt für Statistik war gut jede achte Person (12,3 Prozent) zwischen 2013 und 2016 in mindestens einem Jahr als arm bewertet. Die Tendenz zeigt leider nach oben: Digitalisierung, immer mehr Working poors, Zunahme an Langzeitarbeitslosen — und auf der anderen Seite Kürzungen auf Ebene Bund, Kantone und Gemeinden. Wir sind als Gesellschaft gefordert.

Die Schweizer Tafel leistet einen kleinen, aber enorm wichtigen Beitrag zur Linderung der Armut in der Schweiz. Oftmals reicht Armutsbetroffenen das Geld nicht für frische, gesunde Ernährung. Hier setzt die Schweizer Tafel seit 2001 an: Sie sammelt überschüssige, einwandfreie Lebensmittel im Detailhandel und Einzelhandel und bei Produzenten ein und verteilt diese kostenlos an soziale Institutionen, die sich um armutsbetroffene und bedürftige Menschen kümmern. Damit diese in Gesellschaft eine warme Mahlzeit erhalten. 16 Tonnen Lebensmittel an 450 soziale Institutionen pro Tag. Eindrückliche Zahlen.

Quasi hautnah erleben durfte ich dies als Mitfahrerin kurz vor meinem ersten Arbeitstag. Ich begleitete zwei Zivildienstleistende auf ihrer Tour mit einem Schweizer-Tafel-Kühlfahrzeug in meiner Wohnregion. Was da an überschüssigen, einwandfreien Lebensmitteln zum Abholen im Lager allein in «meiner» Detailhandelfiliale bereitstand, liess mich schon frühmorgens leer schlucken. Unter den Kisten war auch eine mit kleinen Blumensträussen drin. Wir verluden die Ware. Nach weiteren Filialen ging es mit einem fast gefüllten Fahrzeug zu sozialen Institutionen. Mir war nicht bewusst, wie viele Häuser es für armutsbetroffene und bedürftige Menschen allein in meiner Region gibt. Ich vermutete Heilsarmee, Notschlafstellen und Gassenküchen der Kirchen auf der Liste. Denkste. Viel mehr. Wohn- und Unterstützungs-angebote für Familien in Not, Mittagstische für Bedürftige, Tagesstätten für Personen mit psychischen Problemen, Wohngruppen für Suchtkranke usw. An manchen Orten wählte die für die Küche verantwortliche Person Lebensmittel aus den Kisten aus, manchmal kamen Bewohnende, um fürs gemeinsame Kochen Gemüse, Salat und Früchte abzuholen. Und die Blumenkiste? Die sorgte für die strahlendsten Gesichter in einer Wohnsiedlung für suchtkranke Männer. Ja, richtig gelesen, Männer. Die freuten sich, als ob Weihnachten ist. Mir verschlug es die Sprache. Hühnerhaut pur. Und die Tränen zuvorderst.

Da wurde mir bewusst, dass solch kleine Dinge für manche Luxus bedeutet, weil sie es sich nicht leisten können. Und doch die Seele so stark wärmt.

Edith Loosli-Bussard Kommunikation Schweizer Tafel

P.S. Die nationale Spendenaktion der Schweizer Tafel findet mit dem 15. Suppentag in 15 Schweizer Städten am Donnerstag, 22. November 2018, statt. Zeigen Sie Solidarität mit Armutsbetroffenen in der Schweiz: www.schweizertafel.ch/suppentag

Auch die Stämpfli AG beteiligt sich am Suppentag. Wir servieren am 22. November von 11.30 Uhr bis circa 13.00 Uhr eine feine Suppe mit Brot. Ein Beitrag geht direkt an die Schweizer Tafel, weitere Spenden können bei uns in den Spendentopf gelegt werden. Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: kommunikation@staempfli.com

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